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Der homo ludens – welches Spiel spielt der Mensch mit dieser Welt?

    „Wir spielen doch nur.“ Aber was, wenn das Spiel längst tödlicher Ernst geworden ist?

    „Als ich ein Kind war, erzählte mir mein Großvater stets: Die Nazis haben verspielt.
    „Stimmt das: haben sie nur gespielt – und verloren?“

    Das Kind im Manne – und das Spiel als Vorwand

    Der Mann spricht gern vom „Kind im Manne“, das er nur ausleben wolle. Das klingt harmlos, fast sympathisch. Ein bisschen Schelm, ein bisschen Abenteuerlust. Er will doch nur spielen, sagt er. Doch hinter diesem Satz verbirgt sich mehr: eine Entlastung von Verantwortung. Ein Freibrief für zerstörerisches Verhalten. Denn wenn es „nur ein Spiel“ ist, muss man sich nicht stellen, nicht reflektieren, nicht verantworten.

    Vom freien Spiel zum Kriegsmodus

    Besonders in der Welt der Männer scheint das Spiel zur Überlebensstrategie geworden zu sein. In Computerspielen, in Politik, in Religion: Überall begegnen uns dieselben Muster. Gut gegen Böse. Sieg um jeden Preis. Und am Ende: Mann gegen Frau. Mann gegen Natur.

    Der Homo ludens, wie ihn Johan Huizinga einst beschrieb, ist in der modernen Welt zum Homo dominans geworden. Der patriarchale Männlichkeitsentwurf erlaubt dem Jungen nie, wirklich zu spielen. Von klein auf muss er stark sein, darf keine Schwäche zeigen, keine Tränen, keine Zartheit. Das eigentliche Spiel, frei und zwecklos, wird ersetzt durch Kampf und Wettbewerb. Der Junge vergräbt seine Verletzlichkeit tief in sich und baut stattdessen emotionale – und echte – Panzer. Später wird daraus für manche Hass. Auf eine Welt, die ihm nie erlaubt hat, er selbst zu sein. Auf das Weibliche, das mitgefühlvoll, weich, verbunden scheint – und das ihn an das erinnert, was er verloren hat.

    Vom verhinderten Spiel zur zerstörerischen Fixierung

    Weil viele Jungen nie wirklich spielen durften, halten sie im Erwachsenenalter zwanghaft daran fest – aber am falschen Spiel. Es wird ein Spiel um Macht, Kontrolle und Überlegenheit. Was als Kind noch harmlos war, wird zu bitterem Ernst. Gegen das Weibliche, das sie angeblich schwach macht. Gegen die Natur, die sie begrenzt. Gegen die Welt, die ihnen nie erlaubt hat, einfach zu sein.

    Ist es dieser Hass der zerstörten Männer, der sich gegen das Weibliche richtet, weil sie das Gefühl haben, es habe sie daran gehindert, sich selbst zu entfalten? Ist es die Enttäuschung des Jungen, der vergeblich auf Schutz durch die Mutter hoffte, als der Vater gewalttätig wurde? Viele Männer richten ihre Wut nicht gegen den Vater, sondern gegen die Mutter. Weil sie das Gefühl haben, von ihr allein gelassen zu werden? Am Ende hassen sie das Weibliche mehr als das Männliche, das ihnen Gewalt angetan hat.

    Das Exitgame: Sieg über die Welt

    Diese Männer spielen das Spiel gegen die Welt. Ein echtes Exitgame, wie es im Trend liegt. Wenn sie die Natur, das Weibliche, alles Lebendige besiegt haben, können sie endlich gehen: ins Paradies, in den Bunker, auf den Mars. Es ist ihnen gleich. Hauptsache: weg. Hauptsache: gewonnen. Denn das Weibliche, die Natur, die Mutter – sie stehen dem Aufstieg im Weg.

    Das Christentum: Urspiel von Gut gegen Böse

    Das Christentum bringt eine neue Dimension ins Spiel: die Linearität. Anfang und Ende. Sünde und Erlösung. Das große Endspiel. Ein Erlöser, der kommen soll. Und gläubige Männer, die alles daran setzen, bereit zu sein: reich, mächtig, auserwählt. Ihre Investitionen sind spirituelle Bewerbungen. Wann endlich holt er sie heim?

    Die Bibel erzählt von einem Gott, der liebt, indem er ausschließt. Die irdische Welt hat er zur Strafe gemacht. Die Menschen wurden aus dem Paradies in diese Welt geworfen als Strafe für ihre Sünde. Deshalb darf der Mensch diese Welt nicht lieben. Wer diese Welt liebt, in diesem Menschen kann die Liebe zu Gott nicht sein (Bibel). Wer sie liebt, kann ihn nicht lieben. „Wer Vater und Mutter liebt mehr als mich, ist meiner nicht würdig.“ (Bibel) Die Welt wird zur Qual, zur Prüfung, zum Straflager. Mutter Natur wird zur sündigen Verführerin. Der Feigenbaum, der keine Früchte trug, wird verflucht. Symbolisch: die Mutter, die verweigert, wird bestraft.

    Johan Huizinga und das wirkliche Spiel

    Johan Huizinga verstand das Spiel einst als Ausdruck des Kosmos. Als Teil des Lebens, nicht als Kampf gegen es. In matriarchalen Kulturen, bei indigenen Völkern, ist Spiel verbunden mit Beziehung, mit Rhythmus, mit Vertrauen. Spiele mit Gewinnen und Verlieren gibt es dort praktisch nicht.

    Das Spiel der Kinder ist nur Ausdruck eines kosmischen Gefühls, wenn die Erwachsenen dieses Gefühl leben. Doch in der christlich geprägten Kultur wurde dieses Gefühl zerstört. Denn wer diese Welt liebt, kann den Vatergott nicht lieben. Hier beginnt der Ur-Geschlechterkampf. Wer die Mutter liebt, kann den Vater nicht lieben. Also muss die Mutter verschwinden.

    Die Femizide unserer Zeit können auch als Ausdruck dieser Eifersucht verstanden werden. Männer, die um Liebe nicht bitten wollen, möchten sie erzwingen. Sie wollen die Welt besitzen, nicht bewohnen. Schon gar nicht lieben.

    Die letzte Runde

    Ist der Kampf um das Überleben der Menschheit heute ein Spiel? Vielleicht. Aber es ist das Spiel jener, die nie wirklich spielen durften. Und deshalb als Erwachsene aus dem harmlosen Kinderspiel feindseligen Ernst werden lassen. Und dieses Spiel gegen die Welt kennt kein Zurück.

    „Dann haben sie endgültig verspielt.“

    Es ist an der Zeit, dieses falsche Spiel zu beenden. Wir sollten endlich neu beginnen: im echten harmonischen Spiel. Im freien Denken. In der Liebe zu dieser Welt.

    Was denkst du dazu? Schreib es mir gerne in die Kommentare.

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