Welche Vorstellungen von Wahrheit gibt es?

Was heißt Wahrheit? Ist Wahrheit unabhängig von Ort und Zeit? Oder ist sie abhängig von Ort, Zeit und Individuum?

Zur Wahrheit gibt es folgende drei Einstellungen:

  1. Es gibt eine Wahrheit und der Mensch kann sie erkennen.
  2. Es gibt eine Wahrheit, der Mensch kann sie aber nicht erkennen.
  3. Es gibt keine Wahrheit.

Den dritten Punkt könnte man auch anders formulieren: es gibt beliebig viele Wahrheiten, mindestens so viele Wahrheiten, wie es Individuen gibt. Oder so viele Wahrheiten wie es Zeitabschnitte gibt. Was gestern richtig war, kann heute falsch sein und umgekehrt. In jedem Augenblick kann sich Wahrheit verändern. Diese Vorstellung von Wahrheit vertritt die Postmoderne, sie entspricht dem herrschenden Zeitgeist.

Den ersten Punkt finden wir als Überzeugung bei Sokrates: Wahrheit, Logik und Vernunft sind zeitlos. Eine wahre Erkenntnis ist für alle Menschen gleichermaßen wahr. Wahrheit ist unabhängig von Ort und Zeit, sie ist allgemein.

„Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ Meinte Sokrates damit, dass der Mensch nichts wissen kann? Nein, aber was jemand zu wissen glaubt, muss stets überprüft werden. Das konkrete Wissen, die besondere Einzelmeinung, wird daraufhin überprüft, wie viel Wahrheit in ihr steckt. Wahrheit definiert Sokrates als das, was alle Menschen verbindet. Wahrheit ist keine besondere Meinung, sondern das, was alle Menschen gleichermaßen als wahr ansehen, weil es ihnen als Menschen gemeinsam ist.

Ohne das Gemeinsame des Begriffs kann es keine Verständigung zwischen den Menschen geben. Jeder denkt sich unter denselben Worten etwas völlig Verschiedenes. Sokrates wurde bekannt für seine mäeutische Methode, die es dem Menschen ermöglicht, seine Widersprüche zu überwinden und sich in der gemeinsamen Wahrheit zu treffen.

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